Im folgenden Beitrag möchte ich Ihnen die Zahnkrankheit FORL bei Katzen eingehender erklären. FORL („Feline odontoklastische resorptive Läsionen“) gehört zu den häufigsten und schmerzhaftesten Zahnerkrankungen bei Katzen, aber auch bei Hunden.
Rob van Wessum konnte in seinen Studien (1992) nachweisen, dass 57-75% der Katzen an FORL erkranken. Ähnliche Zahlen liefern auch die Studien von Roes (1996): hier leiden 75% der Katzen an dieser schmerzhaften Erkrankung.
Was sind die Ursachen für FORL bei Katzen?
Viele Menschen machen in den Sozialen Medien das kommerzielle Katzenfutter für die Entstehung von FORL verantwortlich. Dem entgegen steht die Tatsache, dass FORL auch bei wildlebenden Katzen gefunden wird.
Fälschlicher Weise wird auch der Begriff „Katzenkaries“ verwendet. Bei FORL handelt es sich aber nicht um Karies. Karies entsteht durch die Entkalkung der Zahnhartsubstanz durch Säuren, die durch die Umwandlung von Kohlehydraten (Zuckern) durch die im Zahnbelag lebenden Bakterien entstehen. FORL hat einen völlig anderen Entstehungsmechanismus.
Wie entsteht FORL bei Katzen?
Jede zweite Katze im Alter von 5 Jahren weist sog. resorptive Läsionen auf (Eickhoff, 2003). Das sind schmerzhafte Zahnerkrankungen, bei denen sich der Zahn von innen heraus selbst auflöst, meist beginnend im Wurzelbereich.
Bei FORL entstehen die Löcher im Zahn durch die Aktivierung von körpereigenen Zellen (Odontoklasten), die Zahnhartsubstanz abbauen.
Momentan deuten alle Fakten der aktuellen Forschungen darauf hin, dass sämtliche Formen von Entzündung in der Maulhöhle der Katze die Aktivierung der Odontoklasten hervorrufen können. Es werden neben viralen Infektionen, chronische Maulschleimhautentzündung und Autoimmunerkrankungen auch hormonbedingte Störungen im Kalziumstoffwechsel diskutiert.
Je stärker die Entzündungen, die auch zum Beispiel durch Plaque und Zahnstein entstehen, desto höher die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von FORL.
Wie ist der Krankheitsverlauf?
Die Auflösung der Zahnhartsubstanz beginnt meist im Wurzelbereich und bleibt daher zunächst klinisch unsichtbar. Dieses frühe Stadium können wir im Dentalröntgen sichtbar machen, es ist wegweisend für die Therapie.
Die Resorptionsprozesse beginnen meistens am Wurzelzement, häufig an der Zement-Schmelz-Grenze, können aber an jedem anderen Punkt des Wurzelzementes beginnen. Erst nach Einbeziehung der Krone werden sie als Loch an der Schmelz-Zahnfleisch-Grenze sichtbar. Treffen die Resorptionen auf die schmerzleitenden Fasern des Dentins oder gar den Nerv, ist das extrem schmerzhaft.
Die Beteiligung der Zahnkrone ist somit immer sekundär. Nach Unterminierung bricht der Schmelz über den Resorptiven Läsionen ein. Es wird ein Loch an der Kronen-Zahnfleischgrenze sichtbar, das typischerweise von hochgerötetem, weil entzündlich verändertem Zahnfleisch ausgefüllt und verdeckt wird. Häufig brechen diese Zähne dann ab, ohne dass dieses dem Katzenbesitzer auffällt.
Was sind die Symptome von FORL bei Katzen?
Katzen leiden still!
Die Katzen leiden leider stumm und verbergen Ihre Schmerzen meist sehr gut. Viele Besitzer denken, solange die Katze frisst, kann sie keine Zahnschmerzen haben. Das ist leider nicht richtig. FORL bei Katzen ist eine der schmerzhaftesten Erkrankungen! Leider werden die meist sehr dezenten Schmerzäußerungen von vielen Besitzern nicht als solche wahrgenommen.
Im Folgenden haben wir die wichtigsten Symptome von Zahnschmerzen der Katze zusammengestellt. Im Zweifel, lassen sie das Gebiss ihrer Katze von uns untersuchen.
- Ein Symptom, das der aufmerksame Besitzer manchmal sehen kann, aber oft nicht als Schmerzäußerung interpretiert, ist das sogenannte Chattering, ein sehr dezentes, aber für Zahnschmerzen typisches Kieferklappern.
- Das Vermeiden von kaltem Futter oder die Ablehnung von Futter, das länger auf dem Boden steht und dann kalt wird kann ein weiteres Symptom für Zahnerkrankungen sein.
- Einseitiges Kauen, Kopfschiefhaltung oder ein Aufzucken beim Fressen sind ebenfalls typische Symptome für Zahnprobleme.
- Abnorme Geräusche beim Fressen, unübliche Kaubewegungen, verstärktes Speicheln oder Putzen können Erkrankungen an den Zähnen zeigen.
- Wenn ihre Katze ungewöhnlichen Mundgeruch zeigt, sollten sie immer an Zahnprobleme denken.
Video: Typisches Verhalten einer Katze bei FORL-Erkrankung
Wie kann ich FORL vorbeugen?
Zahnpflege reduziert FORL bei Katzen
Sie können das Entstehen von FORL leider nicht verhindern. Wir wissen aber, dass eine gute Mundhygiene das Auftreten von FORL deutlich reduziert. Je weniger Entzündungsprozesse im Maul der Katze, desto geringer das Auftreten von FORL, so der derzeitige Stand der Wissenschaft.
Deshalb ist der Einsatz von speziellen Dentalfuttermitteln, Zahnpflegeprodukten, sowie regelmäßige Zahnsteinentfernung in Narkose sinnvoll. Zahnfleischentzündungen, wie sie durch Zahnstein entstehen, begünstigen die Entstehung von FORL und das Fortschreiten von Zahnverlust.
Früherkennung durch Regelmäßige Untersuchungen
Lassen sie das Gebiss Ihrer Katze bei einem dieser Symptome gründlich untersuchen. Nur dann können wir ihre Samtpfoten von den Zahnschmerzen befreien. Jeder, der einmal Zahnschmerzen hatte, kann wohl die Schmerzhaftigkeit kleinster Läsionen ermessen. Die Katze aber kann uns nicht sagen, dass dringend einen Termin beim Tierzahnarzt braucht.
Warum ist das Dentalröntgen bei FORL so wichtig?
Das digitale Dentalröntgen ist in der Tierzahnheilkunde die wichtigste Untersuchungsart. Durch die zahnärztliche klinische Untersuchung können nur Erkrankungen eines Teils des Zahnes, nämlich der Zahnkrone, erkannt werden. Erkrankungen der Zahnwurzel, des Zahnhalteapparates und des
Vergleichen wir den Zahn mit einem Eisberg. Wir können bei der klinischen Untersuchung der Zähne nur die Krone des Zahns, also die Spitze des Eisbergs beurteilen. Die Zahnwurzel, der Zahnhalteapparate und der Kieferknochen bleiben für den Untersucher unsichtbar. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass an diesen wichtigen Strukturen, krankhafte Prozesse vorliegen. Im dentalen Röntgen, können eben diese Strukturen sichtbar gemacht werden.
Dies spielt besonders bei der Katze mit FORL eine ganz wichtige Rolle. Hier finden wir im Röntgenbild sehr häufig schmerzhafte Läsionen im Bereich der Zahnwurzel bei intakter Krone. Befreien wir die Krone nur vom Zahnstein, sind die schmerzhaften Probleme Ihrer Katze nicht behoben. Mit dem dentalen Röntgen können wir nun solche Erkrankungen aufdecken und entsprechend behandeln.
Diagnose von FORL Typ 1 und Typ 2 durch das digitale Dentalröntgen
Ohne Röntgen kann auch nicht zwischen einer FORL Typ 1 oder Typ 2 (nach Dupont, 2002) unterschieden werden, die sich in ihrer Behandlung grundlegend unterscheiden.
Aussagen über die Zahnwurzel und den Zahnhalteapparat können ebenfalls nur nach dentalem Röntgen getroffen werden und entscheiden mitunter über den Erhalt oder den Verlust eines oder mehrerer Zähne. Eine vernünftige Zahnsanierung ist daher ohne dentales Röntgen nicht möglich.
FORL Typ 1
Bei FORL vom Typ 1 ist der Parodontalspalt im Röntgen sichtbar und die Wurzel intakt, hier ist der komplette Zahn mit Wurzel zu entfernen.

Therapie : Entfernung des kompletten Zahnes, also Krone und Wurzeln. In den meisten Fällen gelingt dies nur über eine Eröffnung des Kieferknochens (Bukkale Osteotomie). Verbliebene Wurzelreste, führen zu Wundheilungsstörungen und weiteren Komplikationen. Sie werden nicht, wie wir immer mal wieder zu hören bekommen, resorbiert, sondern führen zu reaktiven Entzündungen. Die Katze hat also weiterhin Zahnschmerzen. Nach der Entfernung der Zähne wird der Kieferknochen geglättet und die Maulschleimhaut über der Wunde mit ganz dünnen selbst auflösenden Fäden vernäht.
FORL Typ 2
Bei FORL vom Typ 2 ist im Röntgenbild kein Parodontalspalt mehr zu erkennen, aber man sieht massive Umbauprozesse an der Zahnwurzel. Hier kommt es Verschmelzung von Zahnwurzelzement mit Alveolarknochen (Osteoides Remodelling / Ankylose).

Therapie: Da die Wurzeln schon umgebaut sind, reicht es hier nur die Krone des Zahnes zu entfernen, was weniger invasiv ist als eine komplette meist offene Extraktion (durch bukkale Osteotomie). Da hier die Wurzel weitgehend umgebaut sind, nannte man diese Technik „Kronenamputation“. Da wir neben der Krone meist noch Anteile der Restwurzel entfernt müssen, verwenden wir lieber den Ausdruck „partielle Extraktion“. Auch hier glätten wir den Kieferknochen nach der Entfernung der Krone und vernähen die Maulschleimhaut über der Wunde mit ganz dünnen, selbst auflösenden Fäden.
Vergleich von klinischen Bildern und Röntgenbildern
Im Folgenden haben wir klinische und radiologische Bilder nebeneinander gestellt, um Ihnen zu zeigen, dass auch ein Zahn, mit klinisch kaum oder gar nicht sichtbaren Veränderungen, massive Probleme haben kann. Erst durch das dentale Röntgen werden diese sichtbar.
Fallbeispiel 1: Zahnkronen ohne sichtbare Veränderungen


Fallbeispiel 2: Scheinbar gesunder Eckzahn


Fallbeispiel 3: Zahnstein und Zahnbelag


Fallbeispiel 4: Rötung der Mundschleimhaut




Fallbeispiel 5: Sichtbarer Kronendefekt


Fallbeispiel 6: Entzündungszeichen am Übergang von den Kronen zum Zahnfleisch


Fallbeispiel 7: Klinisch massive Ausprägung von FORL


