Eine besondere Zahnerkrankung der Katze stellen Löcher in den Zähnen der Katze dar, die als feline odontoklastische resorptive Läsionen (FORL: Feline Odontoclastic Resorpitive Lesions) bezeichnet werden. Früher nannte man die Defekte „neck lesions“, weil diese häufig am Übergang von der Krone zur Wurzel (neck) auftreten. Heute wird auch gerne der Begriff Resorptive Läsionen (RL) verwendet.
FORL ist kein Karies
Nicht korrekt ist die unter den Besitzern früher häufig verwendete Bezeichnung „Katzenkaries“, weil es sich bei den Löchern definitionsgemäß eben nicht um Karies handelt. Karies entsteht durch die die Entkalkung der Zahnhartsubstanz durch Säuren, die durch die Umwandlung von Kohlehydraten (Zuckern) durch die im Zahnbelag lebenden Bakterien entstehen. FORL hat einen völlig anderen Entstehungsmechanismus.
Ursachen für FORL
Bei FORL entstehen die Löcher im Zahn durch die Aktivierung von körpereigenen Zellen (Odontoklasten), die Zahnhartsubstanz abbauen.
Die Auflösung der Zahnhartsubstanz beginnt meist im Wurzelbereich und bleibt daher zunächst klinisch unsichtbar. Dieses frühe Stadium kann nur im Dentalröntgen sichtbar gemacht werden und ist wegweisend für die Therapie. Die Resorptionsprozesse beginnen meistens am Wurzelzement, häufig an der Zement-Schmelz-Grenze, können aber an jedem anderen Punkt des Wurzelzementes beginnen. Erst nach Einbeziehung der Krone werden sie als Loch an der Schmelz-Zahnfleisch-Grenze sichtbar. Treffen die Resorptionen auf die schmerzleitenden Fasern des Dentins oder gar den Nerv, ist das extrem schmerzhaft, wie sich jeder vorstellen kann, der einmal Zahnschmerzen hatte. Die Beteiligung der Zahnkrone ist somit immer sekundär. Nach Unterminierung bricht der Schmelz über den Resorptiven Läsionen ein und es wird ein Loch an der Kronen-Zahnfleischgrenze sichtbar, das typischerweise von hochgerötetem, weil entzündlich verändertem Zahnfleisch ausgefüllt und verdeckt wird. Häufig brechen diese Zähne dann ab, ohne dass dieses dem Katzenbesitzer auffällt.
Vergleich von klinischen Bildern und Röntgenbildern
Im Folgenden haben wir einmal klinische und radiologische Bilder nebeneinander gestellt, um Ihnen zu zeigen, dass auch ein Zahn, mit klinisch kaum oder gar nicht sichtbaren Veränderungen, massive Probleme haben kann. Erst durch das dentale Röntgen werden diese sichtbar.
Nur so kann eine adäquate Behandlung erfolgen, die ihre Katze von Ihren Zahnschmerzen zu befreien, obwohl sie scheinbar keine Schmerzen hat.
Im Folgenden sind einmal exemplarisch klinische Bilder neben die röntgenologischen Bilder gestellt, um Ihnen zu verdeutlichen welche Aussagekraft das dentale Röntgen für eine adäquate Behandlung Ihrer Katze hat.
Therapie: Zahnextraktion inklusive der Wurzeln
Therapie: Extraktion der Zähne
Klinisch massive Ausprägung von FORL
Die Ursache für die Entstehung der Löcher bei FORL ist noch weitgehend unbekannt. Es werden neben viraler Genese, chronische Maulschleimhautentzündung und Autoimmunerkrankungen auch hormonbedingte Störungen im Kalziumstoffwechsel diskutiert. In vielen Sozialen Medien wird das kommerzielle Katzenfutter für die Entstehung von FORL verantwortlich gemacht. Dem entgegen steht die Tatsache, dass FORL auch bei wildlebenden Katzen gefunden wird. Man sollte nicht alles glauben, was im Netz verbreitet wird.
Momentan deuten alle Fakten der aktuellen Forschungen darauf hin, dass sämtliche Formen von Entzündung in der Maulhöhle der Katze die Aktivierung der Odontoklasten hervorrufen können. Je stärker die Entzündungen, die auch zum Beispiel durch Plaque und Zahnstein entstehen, desto höher die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von FORL.
FORL gehört zu den häufigsten und schmerzhaftesten Erkrankungen der Katze.
Jede zweite Katze im Alter von 5 Jahren weist resorptive Läsionen auf (Eickhoff, 2003). In den Studien von van Wessum (1992) konnte gezeigt werden das 57-75% der Katzen an FORL erkranken. Ähnliche Zahlen liefern auch die Studien von Roes (1996): hier leiden 75% der Katzen an dieser schmerzhaften Erkrankung.
Die Katze leidet still!
Die Katzen leiden leider stumm und verbergen Ihre Schmerzen meist sehr gut. Viele Besitzer denken, solange die Katze frisst, kann sie keine Zahnschmerzen haben. Das ist leider nicht richtig. FORL ist eine der schmerzhaftesten Erkrankungen der Katze! Leider werden die meist sehr dezenten Schmerzäußerungen von vielen Besitzern nicht als solche wahrgenommen.
Symptome bei FORL
Im Folgenden haben wir einmal die wichtigsten Symptome von Zahnschmerzen der Katze zusammengestellt, um ihnen zu helfen, diese zu erkennen und als Schmerzäußerung zu verstehen. Im Zweifel, lassen sie das Gebiss ihrer Katze von uns untersuchen.
Ein Symptom, das der aufmerksame Besitzer manchmal sehen kann, aber oft nicht als Schmerzäußerung interpretiert, ist das sogenannte Chattering, ein sehr dezentes, aber für Zahnschmerzen typisches Kieferklappern.
Das Vermeiden von kaltem Futter oder die Ablehnung von Futter, das länger auf dem Boden steht und dann kalt wird kann ein weiteres Symptom für Zahnerkrankungen sein.
Einseitiges Kauen, Kopfschiefhaltung oder ein Aufzucken beim Fressen sind ebenfalls typische Symptome für Zahnprobleme.
Abnorme Geräusche beim Fressen, unübliche Kaubewegungen, verstärktes Speicheln oder Putzen können Erkrankungen an den Zähnen zeigen.
Wenn ihre Katze ungewöhnlichen Mundgeruch zeigt, sollten sie immer an Zahnprobleme denken.
Warum ist das dentale Röntgen bei der Erkennung und der Behandlung von FORL so wichtig?
Verglichen mit einem Eisberg vom dem etwa 1/3 aus dem Wasser ragt und die anderen 2/3 unter der Wasseroberfläche verborgen sind, können wir bei der klinischen Untersuchung der Zähne nur die Krone des Zahns, also die Spitze des Eisbergs beurteilen. Der Rest des Eisbergs bleibt, wie die Zahnwurzel, der Zahnhalteapparate und der Kieferknochen für den Untersucher unsichtbar und damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass an diesen wichtigen Strukturen, krankhafte Prozesse vorliegen.
Im dentalen Röntgen, können eben diese Strukturen sichtbar gemacht werden und wir können zweifelsfrei beurteilen, ob der Zahn und die umgebenden Gewebe gesund oder krank sind.
Dies spielt besonders bei der Katze mit FORL (Feline Odontoklastische Resorptive Läsionen) eine ganz wichtige Rolle. Hier finden wir im Röntgenbild sehr häufig schmerzhafte Läsionen im Bereich der Zahnwurzel bei intakter Krone. Wird die Krone nun lediglich vom Zahnstein befreit und der Zahn belassen, sind die schmerzhaften Probleme Ihrer Katze nicht behoben, sondern sie leidet weiter. Mit dem dentalen Röntgen können wir nun solche Erkrankungen aufdecken und entsprechend behandeln.
Diagnose von FORL Typ 1 und Typ 2 durch das digitale Dentalröntgen
Ohne Röntgen kann auch nicht zwischen einer FORL Typ 1 oder Typ 2 (nach Dupont, 2002) unterschieden werden, die sich in ihrer Behandlung grundlegend unterscheiden.
Aussagen über die Zahnwurzel und den Zahnhalteapparat können ebenfalls nur nach dentalem Röntgen getroffen werden und entscheiden mitunter über den Erhalt oder den Verlust eines oder mehrerer Zähne. Eine vernünftige Zahnsanierung ist daher ohne dentales Röntgen nicht möglich.
Bei FORL vom Typ 1 ist der Parodontalspalt im Röntgen sichtbar und die Wurzel intakt, hier ist der komplette Zahn mit Wurzel zu entfernen.
Therapie bei FORL vom Typ 1: Entfernung des kompletten Zahnes, also Krone und Wurzeln. In den meisten Fällen gelingt dies nur über eine Eröffnung des Kieferknochens (Bukkale Osteotomie). Verbliebene Wurzelreste, führen zu Wundheilungsstörungen und weiteren Komplikationen. Sie werden nicht, wie wir immer mal wieder zu hören bekommen, resorbiert, sondern führen zu reaktiven Entzündungen. Die Katze hat also weiterhin Zahnschmerzen. Nach der Entfernung der Zähne wird der Kieferknochen geglättet und die Maulschleimhaut über der Wunde mit ganz dünnen selbst auflösenden Fäden vernäht.
Bei FORL vom Typ 2 ist im Röntgenbild kein Parodontalspalt mehr zu erkennen, aber man sieht massive Umbauprozesse an der Zahnwurzel. Hier kommt es Verschmelzung von Zahnwurzelzement mit Alveolarknochen (Osteoides Remodelling / Ankylose).
Therapie bei FORL vom Typ 2: Da die Wurzeln schon umgebaut sind, reicht es hier nur die Krone des Zahnes zu entfernen, was weniger invasiv ist als eine komplette meist offene Extraktion (durch bukkale Osteotomie). Da hier die Wurzel weitgehend umgebaut sind, nannte man diese Technik „Kronenamputation“. Da aber neben der Krone meist noch Anteile der Restwurzel entfernt werden, benutzt man heute lieber den Ausdruck „partielle Extraktion“. Auch hier wird der Kieferknochen nach der Entfernung der Krone geglättet und die Maulschleimhaut über der Wunde mit ganz dünnen selbst auflösenden Fäden vernäht.
Was kann ich tun bei FORL?
Lassen sie das Gebiss Ihrer Katze bei einem dieser Symptome gründlich untersuchen. Nur dann können wir ihre Samtpfoten von den Zahnschmerzen befreien.
Jeder, der einmal Zahnschmerzen hatte, kann wohl die Schmerzhaftigkeit kleinster Läsionen ermessen. Die Katze aber kann uns nicht sagen, dass dringend einen Termin beim Tierzahnarzt braucht.